Das Interesse an Naturkosmetik wächst und viele versuchen sich selbst an ihrer Herstellung. Dabei versprechen viele Rezepte Einfachheit. Doch das DIY-Projekt der selbstgemachten Seife birgt auch einige Herausforderungen.
Das Tolle daran, Naturkosmetik selbst herzustellen, ist das Wissen darüber, was sich im gewünschten Pflegeprodukt befindet. Nicht nur für Allergikerinnen und Allergiker ist das interessant, sondern eigentlich für jede Person. Vermutlich ist das der Wunsch, der einen oder eine zu diesem Hobby bewegt – neben der Freude an Handarbeit. Verbunden damit ist das Bedürfnis nach besseren Produkten, die Haut und Haare vor Inhaltsstoffen wie Silikonen, Parabenen und künstlichen Duftstoffen bewahren.
„Warum trocknet dieses Peeling meine Haut aus?“, „Warum fühlen sich meine Haare mit diesem Shampoo spröde an, obwohl auf der Verpackung steht, dass es genau dagegen helfen soll?“ Dass die Verpackungen oft nicht das halten können, was sie versprechen, diese Erfahrung haben wahrscheinlich die meisten schon gemacht. Und selbst bei den aktuell boomenden Produkten, die unter dem Begriff Naturkosmetik in den Drogerien verkauft werden, ist die Zutatenliste noch immer zu lang und die Versprechungen groß.
Den Start in die DIY-Naturkosmetik wagen
Warum also die Naturkosmetik nicht einfach selber machen? Schließlich ist es nichts anderes als einen Kuchen selbst zu backen oder eine Lasagne in den Ofen zu schieben. Nur geht man auch dabei nicht mit dem Anspruch heran, dass es so gut wird wie von einem Konditor oder einer erfahrenen Köchin. Auch das Herstellen von Seife erfordert Übung und ein stabiles Gerüst an Grundkenntnissen. Meine erste selbstgemachte Hautcreme sah zum Beispiel mit ihrer betongrauen Farbe damals nicht unbedingt nach einem Meisterwerk aus. Auch die Konsistenz ließ zu Wünschen übrig. Und nach wenigen Tagen löste sich das verwendete Traubenkernöl vom Rest der Masse. Ich hatte es mit der richtigen Temperatur nicht so genau genommen.
Wer wirklich seine ganze Naturkosmetik selbst machen und genau wissen will, woher seine Zutaten stammen, der muss sich intensiv mit der Materie beschäftigen. Mal nebenbei eine Seife herstellen und zwischendurch noch die Wohnung staubsaugen, das ist wohl etwas an der Realität vorbei. Doch hier liegt schon einer der wichtigsten Punkte: Wird ein Kuchen fünf Grad heißer gebacken als im Rezept vorgeschrieben, tut das dem Gebäck, zumindest wenn es sich um einen einfachen Rührkuchen handelt, meistens keinen zu großen Abbruch. Bei der Herstellung von einer Gesichtscreme können ein paar Grad zu viel oder zu wenig das Endergebnis bereits unbrauchbar machen. So hat man möglicherweise hochwertige Zutaten und Zeit verschwendet.
Grundzutaten und Zubehör: Investitionen zu Beginn
Es braucht kein Labor, um gute Naturkosmetik selbst herzustellen. Ist das Zubehör wie Thermometer, Rührzubehör und ein Grundstock an Basiszutaten erst einmal angelegt, müssen wir uns mehrere Monate oder sogar Jahre keine Gedanken mehr um diese Ausgaben machen. Auch aus sogenannten Starter-Sets für die Herstellung von Naturkosmetik haben einige Unternehmen bereits ein Geschäft gemacht. Darin enthalten sind meist ein Becherglas, ein Rührstab und Grundzutaten wie Kernseife, Sheabutter, Kokosbutter, Bienenwachs, Lanolin und Vaseline. In manchen Sets sind auch ein Thermometer, verschiedene ätherische Öle, Xanthan und Glastiegel enthalten. An sich eine unkomplizierte Lösung für alle, die es einfach mal ausprobieren wollen. Jedoch weiß man auch dann nicht genau, woher die Zutaten stammen. Außerdem werden bei bestimmten Sets auch bereits die Rezepte vorgegeben und auch nur für diese ist die Produktmenge und -auswahl vorgesehen.
Qualität oder Sparen? Die richtigen Prioritäten für sich setzen
Wer also nicht, auf ein solches Set zurückgreifen will, muss die Energie hineinstecken, sich die Produkte selbst zusammenzusuchen. Dadurch bleibt uns aber auch mehr Entscheidungsfreiheit und es kommen wirklich nur die Bestandteile in unser Pflegeprodukt, die wir gewählt und damit auch gewollt haben.
Wir sind es gewohnt, dass eine Flasche Shampoo oder Duschgel aus der Drogerie nicht mehr als zwei bis drei Euro kostet. Schließlich handelt es sich dabei um ein Produkt des täglichen Gebrauchs und kein Luxusgut. Den gleichen falschen Denkansatz verfolgen wir, wenn es um Lebensmittel geht. Obwohl uns eigentlich klar sein müsste, dass bei einer Packung Salami, die für 1,50 Euro angeboten wird, die Schweine vermutlich kein Leben mit heimischem Gemüse als Futter und kilometerweitem Auslauf geführt haben.
Gerade zu Beginn, wenn man sich noch nicht sicher ist, ob die Seifenherstellung wirklich das richtige für einen ist, oder man vielleicht doch lieber bei den Experten einkauft, sollte man dementsprechend nicht zu große Mengen Zutaten einkaufen. Kleinere Mengen sind erstmal teurer. Und auch wenn es sich auf Dauer rechnen wird, seine Pflegeprodukte selbst herzustellen, kann das gerade zu Beginn umgekehrt wirken. Umso weiter man ansteigt und seinen Gebrauch besser einschätzen kann, wird sich das jedoch schnell wieder ändern. Ob die Rechnung im Endeffekt aufgeht und ob die Kosten überhaupt im Mittelpunkt des Vorhabens stehen sollen, das muss jeder für sich kalkulieren und entscheiden.
Hochwertige DIY-Seife verlangt hochwertige Zutaten
Hier stellt sich die Frage, wie umfassend man das Thema DIY-Naturkosmetik angehen will. Sicher, man kann alle benötigten Produkte wie beispielsweise Kokosöl und ätherische Öle in den Drogerien, sogar bei Discountern einkaufen und sich so eigene Kosmetik zum Schnäppchenpreis kreieren. Dann sollte man sich jedoch fragen, was die eigentliche Motivation hinter dem Vorhaben ist. Geht es in erster Linie um eine bessere Pflege für die Haut, die Vermeidung von Verpackungsmüll oder faire Arbeitsbedingungen in der Produktion?
So wurde beispielsweise unraffiniertes Kokosöl chemisch behandelt und ist gebleicht und deodoriert. Wer es also wirklich natürlich will, sollte zu nativem oder sogar kaltgepresstem Öl greifen. Wie Stiftungwarentest 2018 herausfand, befanden sich in einem als nativ bezeichneten Kokosöl von Aldi Nord fünf verschiedene Schadstoffe. Unter den Schadstoffen waren Mineralölrückstände, die als möglicherweise krebserregend gelten, sowie erbgutschädigende und krebserregende Glycidyl-Fettsäureester sowie 3-MCPD-Estern. Ester befinden sich jedoch für gewöhnlich nur in unraffiniertem Kokosöl. Ob das Kokosöl unter fairen Bedingungen hergestellt wurde und ob dessen Anbau nicht auch die Abholzung des Regenwaldes fördert, das lässt sich meist nicht auf den ersten Blick erkennen. Gleiches gilt für ätherische Öle: Wer naturidentische oder synthetische Öle verwendet, stellt im engeren Sinne keine Naturkosmetik her.
Unterschiedliche Herstellungsprozesse von Seife und Creme
Eine Gesichtscreme oder ein Lippenbalsam herzustellen, das ist etwas anderes als eine Seife selbst zu machen. Während bei einer verpfuschten Gesichtscreme schlimmstenfalls ein paar Rohstoffe verschwendet wurden, kann die Seifenherstellung durchaus gefährlich sein. Beispielsweise sollte man bei der Herstellung einer Natronlauge eine Schutzbrille und Handschuhe tragen. Ansonsten kann es zu Verätzungen der Haut kommen. Dieses Risiko sollte man vorher bedenken. Außerdem handelt es sich beim Selbermachen von Seife nicht um eine lustige Aktivität für kleine Kinder. Mit den chemischen Vorgängen sollte man sich zumindest in den Grundlagen vertraut machen, um sich und andere nicht in Gefahr zu bringen.
Ein weiterer Aspekt, der bedacht werden sollte: Je nach Rezept benötigen Seifen eine Reifezeit von vier bis acht Wochen. Dem Umstieg zur Seifen-Selbstversorgung sollten also wenigstens einige Wochen vorausgehen. Es wäre zu viel zu erwarten, dass man direkt Produkte hervorbringt, die mit denen einer erfahrenen Seifensiederei vergleichbar sind. Und auch ob sie die gewünschten Effekte für Haut und Haar hervorrufen, ist nicht sicher. Eine gewisse Portion Forschungsdrang und etwas Frustrationstoleranz gehören daher ebenfalls dazu.