Noch nie hatten wir so viel Vielfalt bei der Auswahl unserer Waschstücke. Gerne wählen wir nach Tagesform eine mit der Hand hergestellte Seife aus. Die tägliche Hygiene kann eine beiläufige Routine sein, Spaß oder/und ein Genuss für Haut und Seele.
Was gibt es für Unterschiede in der Herstellung und wie findet man seine Lieblingsseife?
Seifenherstellung früher
Seife sieden ist ein uraltes Handwerk mit Tradition. Erste Versuche Seife herzustellen, fanden bereits Tausende von Jahren vor Christus statt. Das erste überlieferte Seifenrezept von den Sumerern fand sich aus der Zeit um 2500 v. Chr. und wurde in Keilschrift auf Tonschiefertafeln geritzt. Es bestand lediglich aus zwei Zutaten und war denkbar einfach:
Alkalische Pottasche, die man aus verbrannten Pflanzen und Hölzern gewann, wurde mit Pflanzenölen vermischt. Auch Griechen, Germanen und Ägypter stellten ähnliche Vorläufer der Seife zur Körperreinigung her. Seife wie wir sie heute aus Manufakturen kennen, entstand im 7. Jahrhundert. Die Araber ersetzten die Pottasche durch alkalische Salze und erhitzten zusammen mit Ölen. Sie kochten die Masse so lange bis sie fest wurde. Das erste Seifenstück war geboren.
An diesem Herstellungsprinzip mit Lauge hat sich im Laufe der Zeit nichts geändert.
Die frühe Seife und ihre vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten
Die Kelten und Römer haben Seifen ursprünglich als Haarpomade bzw. als zur Wundheilung und Behandlung von Hauterkrankungen eingesetzt. Durch das Säubern mit Seife wurden die Bakterien in Schach gehalten.
Seife wurde auch als Medizin zur Behandlung von Hautreizungen und Hautkrankheiten eingesetzt. Die vermeintlich heilende Wirkung, die damit erzielt wurde, ist aber eher darauf zurückzuführen, dass die Seife den Schmutz von der Hautoberfläche entfernte. Denn die meisten Hautprobleme waren auf mangelnde Hygiene zurückzuführen – in Dreck, Schweiß und Talg können sich Krankheitserreger gut vermehren.
Das Seifensieder Handwerk
Erste Seifensieder Zünfte sind im 14. Jahrhundert in Mitteleuropa entstanden. Die Zünfte versorgten den Adel mit diesem Luxusprodukt. Der Durchbruch der Seife war nicht mehr aufzuhalten. Der erste urkundlich erwähnte Seifensieder fand sich in Marseille im Jahre 1371. Die Stadt entwickelte sich zur Seifensiedermetropole und zählte ihrer Blütezeit über 100 Seifenmanufakturen. Danach gab es leider einen Knick in der Geschichte der Seifenherstellung. Als sich die Seuchen wie die Pest im 14. Jahrhundert ausbreiteten, gab man aus Unkenntnis dem Wasser die Schuld. Man stellte das Waschen mit Seife ein und die Menschen puderten sich lediglich.
Reinheitsgebot für Seife
Es dauerte bis ins 17. Jahrhundert als Ludwig der XIV. die Seife an den königlichen Hof holte und sogar ein Reinheitsgebot erließ: eine hochwertige Seife musste mindestens 72% reine Öle enthalten. Der Luxusartikel war strengen Auflagen unterworfen. Für das Volk war die Seife unerschwinglich. Erst als ein französischer Chemiker künstliches Natriumsalz erfand, wurde das Seife sieden günstiger und die Massenproduktion entstand.
Im 19. Jahrhundert führte die Entdeckung der antibakteriellen Wirkung von Seife zu einem weiteren Anstieg ihrer Popularität. Das Wissen über den Vorteil körperlicher Hygiene entwickelte sich weiter. Die industrielle Produktion nahm an Fahrt auf und die Entwicklung synthetischer Tenside im 20. Jahrhundert erweiterte die Möglichkeiten der Seifen- und Reinigungsmittelherstellung noch weiter.
Seife sieden heute
In den letzten Jahrzehnten lebt das traditionelle Seife sieden wieder auf. Im Zuge des wachsenden Interesses an natürlichen und nachhaltigen Produkten wenden sich immer mehr Menschen wieder handgemachten Seifen zu. Diese Entwicklung vereint altes Wissen mit immer neuen Erkenntnissen über Umweltverträglichkeit und Hautgesundheit. Es ist ein win win Situation für die Menschen und die Umwelt entstanden.
Die Geschichte der Seifensiederei ist ein Spiegelbild der menschlichen Kreativität und Anpassungsfähigkeit. Von den einfachen Anfängen in antiken Zivilisationen bis zur modernen Rückbesinnung auf traditionelle Methoden und natürliche Inhaltsstoffe zeigt die Entwicklung der Seifenherstellung die unauflösliche Verbindung zwischen Kultur, Wissenschaft und Kunst.
Herstellung und Techniken der Seifensiederei
Es gibt viele Wege, zum Ziel zu kommen. Jede Methode hat ihre Besonderheiten und heraus kommen sehr unterschiedliche Seifenstücke, die die individuellsten Bedürfnisse erfüllen.
1. Warmverfahren (Heißrührmethode):
- Wie funktioniert es? Fette, Öle und Lauge werden gemischt und dann bei hohen Temperaturen gekocht (entweder im Ofen oder in einem speziellen Seifenkochtopf). Durch die Hitze setzt die chemische Reaktion der Verseifung schnell ein und bereits nach einigen Stunden ist die Seife fertig.
- Vorteile: Die Seife ist nach dem Kochen fast sofort gebrauchsfertig, obwohl sie milder wird, wenn sie noch einige Tage ruht. Diese Methode ist hilfreich, wenn man schnell Seife herstellen muss.
- Nachteile: Naturbelassene Rohstoffe wie ätherische Öle oder Pflanzenextrakte sind nicht verwendbar, da sie bei hohen Temperaturen ihre Struktur verändern und nicht mehr wirksam sind oder zerfallen.
2. Schmelzen und Gießen (Gießseife):
- Wie funktioniert es? Diese Technik verwendet eine bereits industriell hergestellte Tensidbasis, die geschmolzen und dann in Formen gegossen wird. Der flüssige Leim wird mit Glycerin angereichert um eine seifenähnliche Zusammensetzung zu erlangen.
- Vorteile: Diese Methode ist besonders anfänger- und kinderfreundlich, da man nicht mit Lauge arbeiten muss. Auch ist es eine schnelle Methode um transparente, bunte und verzierte seifenähnliche Waschstücke herzustellen.
- Nachteile: Die Waschstücke sind keine Seife und folglich auch keine natürliche Hautpflege. Oft sind der Tensidbasis allergieauslösende Emulgatoren und Konservierungs- und synthetische Farbstoffe zugesetzt.
3. Kaltverfahren (Kaltrührmethode):
Wie funktioniert es? Bei dieser Methode mischt man geschmolzene Pflanzenöle und Fette mit Lauge bei einer sehr niedrigen Temperatur und fügt wärmeempfindliche Zusätze erst nach Erkaltung hinzu. Die Mischung wird dann in Formen gegossen, wo die Seife über Nacht fest wird. Anschließend muss die Seife noch einige Wochen ruhen, bevor sie benutzt werden kann.
Vorteile: Das Kaltverfahren ist für die Rohstoffe das schonendste Verfahren. Da die Temperaturen sich im Rohkostbereich bewegen, können sekundäre Pflanzenstoffe, das natürlich entstehende Glycerin und ätherische Öle fast vollständig erhalten bleiben. Es gibt dem Seifenmacher viel kreativen Spielraum bei pflanzlichen und mineralischen Zusätzen um gesundheitsfördernde Wirkung zu erzielen. Durch die natürlichen Rohstoffe ist dies Seife besonders hautfreundlich und bei Hautproblemen und Allergien geeignet.
Nachteile: Der Verseifungsprozess dauert lange (bis zu einigen Wochen) und die Rohstoffe für diese Art von Seifen sind sehr teuer.
Ökologische und nachhaltige Praktiken in der Seifensiederei
In einer Welt, in der sich die Menschen zunehmend der Bedeutung von Nachhaltigkeit bewusst werden, spielt auch die Seifensiederei eine wichtige Rolle. Es gibt mehrere Wege, wie Seifenhersteller sicherstellen können, dass ihre Produkte nicht nur gut für den Körper, sondern auch für die Umwelt sind.
Verwendung natürlicher und biologisch abbaubarer Zutaten
- Pflanzliche Öle und Fette: Im Gegensatz zu synthetischen Stoffen sind pflanzliche Öle und Fette vollständig biologisch abbaubar und schonen somit die Umwelt.
- Ätherische Öle: Für Düfte und gesundheitlichen Nutzen können ätherische Öle verwendet werden, die aus Pflanzen gewonnen werden statt synthetischer Duftstoffe, die nur der Kundenbindung dienen. Grundlagen zum Wissen über ätherische Öle sind hier beschrieben.
- Natürliche Farbstoffe: Farben aus natürlichen Quellen wie Kräutern, Pflanzenextrakten und Mineralien sind nicht nur schonend zur Haut, sondern auch umweltfreundlich. Information über Farbe für Seifen gibt es hier in unserem Magazin.
Nachhaltige Beschaffung:
Der Bezug von Rohstoffen aus nachhaltigem Anbau ist entscheidend: Dies bedeutet, dass für die verwendeten Öle und Fette keine Regenwälder abgeholzt wurden und dass bei der Produktion der Pflanzen faire Arbeitsbedingungen herrschen.
Wiederverwendung und Recycling bei Seifenverpackungen
Kleine Manufakturen achten aus wirtschaftlichen Gründen bei der Herstellung darauf, dass keine Produktionsreste entstehen.
Seifenmanufakturen verwenden recycelte oder wiederverwendbare Verpackungen für ihre Produkte. Dadurch entsteht kein Plastikmüll.
Aufklärung und Bewusstseinsbildung:
- Durch Informationsarbeit über die Vorteile natürlicher und nachhaltig produzierter Seifen können Seifensieder dazu beitragen, das Bewusstsein für umweltfreundliche Produkte zu fördern.
Durch diese Praktiken wird Seife sieden nicht nur zu einem Handwerk für schöne und nützliche Produkte, sondern auch zu einer Tätigkeit, die aktiv zum Schutz unserer Umwelt beiträgt. Ökologische und nachhaltige Praktiken in der Seifensiederei zeigen, dass es möglich ist, Qualität und Verantwortungsbewusstsein miteinander zu verbinden.
Weitere Informationen:
Bilder: Berufe-dieser-Welt, natural pure solids, Plateresca (via Getty Images)
Quelle: natural pure solids, Wikipedia, Berufe-dieser-Welt.de